Umfang der Umgangspflicht des Umgangselternteils: BVerfG, Beschluss vom 17.2.2022 – 1 BvR 743/21

Kinder haben grundsätzlich ein Recht auf Umgang mit ihren Eltern. Damit korrespondiert eine Pflicht der Eltern zum Umgang mit ihren Kindern.

Ein Fall, in dem der Elternteil seine Umgangspflicht nicht (vollumfänglich) wahrnehmen wollte, hatte nun das BVerfG zu entscheiden.

Die Konstellation war wie folgt: Der Beschwerdeführer war Vater dreier Söhne, die aus der geschiedenen Ehe mit der Kindesmutter stammten. Die Mutter betreute die Kinder, das Sorgerecht teilten sich jedoch beide Elternteile. Der Vater wandte sich zunächst gegen eine vom Familiengericht getroffene Umgangsregelung, die die Modalitäten des Umgangs festlegte. Insofern beinhaltete diese Regelung auch die Vorgabe, den Umgang immer mit allen drei Söhnen gleichzeitig vorzunehmen.

Hiermit sowie mit dem allgemeinen Umfang der Umgänge war der Vater nicht einverstanden. Er wehrte sich dagegen und durchlief alle Instanzen bis zum BVerfG.

Der Vater sah sich durch die gerichtlichen Entscheidungen, die allesamt die Umgangsregelung aufrechterhielten, in seinen Grundrechten verletzt. Mittels seiner Verfassungsbeschwerde rügte er eine Verletzung seines Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, seines Elternrechts, des Schutzes der Familie und seines Anspruchs auf rechtliches Gehör.

Das Bundesgericht sah indes keine Grundrechtsverletzungen durch die Umgangsregelung.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze zwar die konkrete Ausgestaltung von Eltern-Kind-Beziehungen. Eine Verpflichtung zum Umgang greift also in den Schutzbereich dieses Grundrechts ein. Dieser Eingriff ist nach Ansicht des BVerfG jedoch gerechtfertigt durch die den Vater treffende Verantwortung für seine Kinder, die ebenfalls verfassungsrechtlich verankert ist.

Allerdings sind Umgangsregelungen abhängig von deren Kindeswohldienlichkeit. Ein erzwungener Umgang sei hierbei nach den Ausführungen des BVerfG in der Regel nicht kindeswohldienlich, da das Kind die Ablehnung durch den Elternteil spüre.

ABER: Für gewisse Einzelfälle könne sich jedoch etwas anderes ergeben: Wenn nicht die Herbeiführung des Umgangs, sondern nur eine konkrete Ausgestaltung des Umgangs gegen den Willen des Elternteils erfolgt, kann weiterhin eine Kindeswohldienlichkeit dieses Umgangs angenommen werden. Der Grund hierfür ist, dass in solchen Fällen eine grundsätzliche Bereitschaft zum Umgang vorliege. Folglich bestehe nicht die Gefahr, dass das Kind die Abneigung durch den Elternteil während des Umgangs spüre.

Ein solcher Einzelfall lag im konkreten Fall vor: Der Vater hatte bereits Umgänge mit seinen Kindern wahrgenommen und war nur mit der konkreten Ausgestaltung dieser Umgänge unzufrieden. Damit bestand nicht die Gefahr, dass die Kinder eine ihrem Wohl zuwiderlaufende Abneigung zu spüren bekommen würden.

Weiter wurde durch das Gericht festgestellt, dass auch kein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht durch den Hinweis auf die mögliche Vollstreckung der Umgangsregelung durch Zwangsmittel gegeben ist. Die Vollstreckung steht im Ermessen des Gerichts, welches zuvor prüft, ob auch der durch die Vollstreckung erzwungene Umgang im konkreten Fall dem Kindeswohl dient. Mit der Erteilung des Hinweises wird also noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob die Vollstreckung auch erfolgen wird. Er reicht für eine Grundrechtsverletzung also noch nicht aus.

Der Beschwerdeführer blieb mit seinem Begehren also erfolglos.

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