OLG Brandenburg Beschluss vom 16.9.20229 UF 74/22

Was ist das Problem?

Leben die Kinder nach einer Trennung bei einem Elternteil und werden von ihm überwiegend alleine betreut (sog. Residenzmodell), regelt § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB, dass der betreuende Elternteil auch Unterhaltsansprüche der Kinder gegen den anderen Elternteil geltend machen kann. Das Gesetz ordnet hier für den Fall der gemeinsamen Sorge ein Alleinvertretungsrecht des betreuenden Elternteils an. Durch diese gesetzliche Ausnahmeregelung zur grundsätzlichen Gesamtvertretung beider Elternteile bei gemeinsamer Sorge werden die Eltern vor der streitigen Auseinandersetzung bewahrt, erst einmal vor Gericht klären zu müssen, wer denn das Recht zur Geltendmachung von Unterhalt nach einer Trennung hat, wenn doch beide Eltern miteinander nur gemeinschaftlich das Kind vertreten dürfen.

Doch wie sieht es bei einem paritätischen Wechselmodell aus? Hier betreuen beide Elternteile hälftig das Kind. Keiner kann demnach gegenüber dem anderen  behaupten, das Kind überwiegen alleine zu betreuen. Die gesetzliche Ausnahmeregelung  § 1629 Abs. 2 S. 3 BGB greift also nicht. Was ist zu tun?

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung muss entweder

a) ein Elternteil bei Gericht beantragen, dass ihm das Recht übertragen wird, alleine das Kind in Unterhaltsfragen vertreten zu dürfen  oder

b) bei Gericht beantragen, dass diese Aufgabe einem Ergänzungspfleger übertragen wird, der quasi für das Kind gegenüber beiden Elternteile den Unterhalt fordert.

Welcher Weg der richtige Weg ist, ist in der Rechtsprechung umstritten.
Voraussetzung für die Bestellung ist der Nachweis, dass ein konkreter Interessenkonflikt zwischen den Eltern besteht, der es ihnen nicht möglich macht, die elterliche Sorge auszuüben. Da durch die Bestellung eines Ergänzungspflegers das Gericht letztlich in das Sorgerecht der Eltern hinsichtlich der Unterhaltsansprüche für das Kind eingreift, sind die Voraussetzungen hierfür sehr streng. Andere Gerichte argumentieren, dass eine Übertragung des Rechts zur Geltendmachung von Unterhalt auf ein Elternteil die bessere Lösung sei. Die Frage, ob ein Anspruch tatsächlich besteht, ist allein im Unterhaltsverfahren zu klären.
Da jedoch ein paritätisches Wechselmodell in der Regel eine hohe Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft unter den Eltern erfordert, bleibt in solchen Fällen zu hoffen, dass die Eltern bis zu einer Gesetzesänderung die Unterhaltsfragen einvernehmlich klären können. Viele Familien regeln die finanziellen Interessen ihrer Kinder durch die Errichtung eines Kinderkontos und vermeiden so hohe Kosten für die streitige Auseinandersetzung zur Regelung der Unterhaltsfragen.
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