Nach einer Trennung der Eltern haben viele Kinder ihren Lebensmittelpunkt bei einem Elternteil. Den anderen Elternteil sehen sie im Rahmen von geregelten Umgängen, die meist jedes zweite Wochenende und in den Ferien stattfinden. Nicht selten allerdings sind diese Umgänge mit Kosten verbunden: Das Kind muss zum anderen Elternteil fahren, das andere Elternteil muss das Kind abholen oder sogar ein Hotelzimmer nehmen, um eine Übernachtungsmöglichkeit zu haben. Hierbei stellt sich die Frage, wer diese Kosten des Umgangs zu tragen hat.

1) Grundlagen des Unterhaltsrechts

Hilfreich für diese Frage ist die Veranschaulichung der Unterhaltspflichten von getrenntlebenden Eltern gegenüber gemeinsamen, minderjährigen Kindern: Nach § 1606 III 2 BGB erfüllt der betreuende Elternteil seine Unterhaltspflicht durch die Pflege und Erziehung des Kindes („Naturalunterhalt“). Der andere, nicht betreuende Elternteil kommt seiner Unterhaltspflicht durch Zahlung einer Geldrente („Barunterhalt“) nach, § 1612 I 1 BGB. Das Gesetz geht also davon aus, dass ein Elternteil das Kind betreut und versorgt und der andere die hierfür erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen hat (BGH NJW 2014, 1958). Nichtsdestotrotz trifft den barunterhaltspflichtigen Elternteil auch eine Pflicht zum Umgang mit seinem Kind, § 1684 BGB.

2) Grundsatz hinsichtlich der Umgangskosten

Grundsätzlich hat der barunterhaltspflichtige Elternteil die Kosten zu tragen, die mit dem Umgang verbunden sind (BGH NJW 1995, 717). Etwaige Fahrt-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten können nicht von dem Unterhalt abgezogen werden, den er für sein Kind zahlen muss.

3) Berücksichtigung der Umgangskosten in wirtschaftlich beengten Einkommensverhältnissen

Allerdings kann in Fällen, in denen die Kosten so hoch sind, dass der Umgangsberechtigte sie nicht mehr zahlen kann, eine andere Bewertung erfolgen (BGH, Urteil vom 23.02.2005, Az.: XII ZR 56/02). Wenn die Umgangskosten nämlich so hoch sind, dass der umgangsberechtigte Elternteil sie nicht aus eigenen Mitteln zahlen kann, besteht die Gefahr, dass die Umgänge nicht mehr realisiert werden können. Allerdings trifft den Elternteil ja eine Pflicht zu diesen Umgängen. Diese Pflicht wiederum darf nicht durch Unterhaltszahlungen vollkommen eingeschränkt werden. Wenn eine Aussetzung der Umgänge aufgrund der hohen Umgangskosten droht, kann der für die Unterhaltsberechnung relevante Selbstbehalt erhöht werden oder das unterhaltsrelevante Einkommen gemindert werden. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die Umgänge weiter stattfinden können.

Basierend auf dieser Rechtsprechung des BGH erging eine Entscheidung des OLG Bremen (NJW 2008, 1237). Das OLG Bremen setzte sich mit einem Fall auseinander, in dem zwei minderjährige Kinder (Antragsteller) die Zahlung von Unterhalt durch ihren Vater (Antragsgegner) begehrten. Die Mutter war mit den Kindern weit weggezogen, sodass dem Vater durch die Wahrnehmung seines Umgangsrechts hohe Kosten entstanden waren. Das OLG Bremen hat diese Fahrtkosten einkommensmindernd berücksichtigt: Bei einem (fiktiverweise erzielbaren) Bruttoeinkommen des Vaters von 1800 EUR verblieb nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen und dem 2007 geltenden Selbstbehalt ein Betrag von 240 EUR. Dies also wäre die Summe gewesen, die als Unterhalt hätte gezahlt werden müssen. Allerdings bestimmte das Gericht, dass der Betrag deshalb nicht für Unterhaltszwecke zur Verfügung steht, da er für die Kosten benötigt wird, die dem Vater bei der Ausübung seines Umgangsrechts entstehen. Diesem standen außer seinem Einkommen keine Mittel zur Verfügung, aus denen er die Kosten des Umgangs hätte begleichen können, insbesondere kein Kindergeld. Die Antragssteller (also die Kinder) regten an, die monatlichen Umgangskontakte einzuschränken und somit die Umgangskosten zu reduzieren. Das Gericht hielt das angesichts des grundrechtlich geschützten Umgangsrechts (BVerfG NJW 2002, 1863) für unzumutbar. Auch war das Gericht der Auffassung, eine solche Einschränkung würde dem Wohl der Kinder zuwiderlaufen. Die Fahrtkosten in Höhe von 256 EUR wurden vom Senat in voller Höhe berücksichtigt. Der Grund hierfür lag darin, dass der Selbstbehalt nach Ansicht des Gerichts so bemessen ist, dass Reserven in dieser Höhe nicht zur Verfügung stehen. Aus dem Selbstbehalt müssen „nur“ die Kosten bestritten werden, die während der Ausübung des Umgangs anfallen. Die Antragsteller blieben mit ihrem Unterhaltsbegehren also erfolglos, da dem Vater die Umgangskosten in voller Höhe angerechnet wurden.

4) Berücksichtigung von Umgangskosten in wirtschaftlich stabilen Verhältnissen

Wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse hingegen nicht beengt sind (der Umgangsberechtigte die Umgangskosten also tragen kann), können diese Kosten grundsätzlich nicht vom anrechenbaren Einkommen abgezogen werden (BGH NJW 2014, 1958; BGH NJW 2006, 2258). Jedoch kann in solchen Fällen eine Berücksichtigung der Umgangskosten durch eine Herabstufung in eine niedrigere Einkommensgruppe oder Unterlassung einer gerichtlich gebotenen Heraufstufung erfolgen (BGH NJW 2014, 1958).

Die Berechnung des zu zahlenden Unterhalts ergibt sich aus der Düsseldorfer Tabelle, die den Unterhaltspflichtigen je nach dessen Einkommen und Alter der Kinder einstuft. Je nach Stufe ergibt sich der zu zahlende Betrag.

Wenn nun der barunterhaltspflichtige Elternteil ein weit über das übliche Maß hinausgehende Umgangsrecht wahrnimmt, kann der Richter u.a. zusätzliche Fahrtkosten dazu zum Anlass nehmen, den Unterhaltsbetrag unter Herabstufung in der Düsseldorfer Tabelle zu bestimmen oder auf eine ansonsten gebotene Hochstufung zu verzichten. Dies führt schließlich dazu, dass der zu zahlende Unterhalt geringer ist und die Umgangskosten auf diese Weise Berücksichtigung finden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass tatsächlich ein über das übliche Maß hinausgehende Umgang vorliegt, der mit außergewöhnlichen Kosten verbunden ist.

5) Beteiligung des betreuenden Elternteils am Umgangsaufwand

Außerhalb der Optionen, den (finanziellen) Mehraufwand der Umgangskontakte über die Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen, besteht auch die Möglichkeit, den betreuenden Elternteil an dem Mehraufwand zu beteiligen (Saarländisches OLG, Beschluss vom 22.02.2019 – 6 UF 145/18). Dafür müssen allerdings folgende Voraussetzungen vorliegen:

a) Der betreuende Elternteil hat eine erhebliche räumliche Distanz zwischen den Eltern geschaffen.
b) Die Ausübung des Umgangsrechts ist aufgrund der räumlichen Distanz mit einem erheblichen Zeit- und Kostenaufwand für den Umgangsberechtigten verbunden.
c) Dem Umgangsberechtigten ist es angesichts eingeschränkter finanzieller Möglichkeiten nur unter erheblichen Einschränkungen überhaupt möglich, den Umgang regelmäßig auszuüben.
d) Dem betreuenden Elternteil wäre es möglich, eine Übernahme der mit dem Umgang verbundenen Fahrtkosten durch das Jobcenter zu erreichen.

Der Entscheidung, die dies festgelegt hat, lag dabei folgender Sachverhalte zugrunde: Nachdem die Eltern sich getrennt hatten, zog die Mutter mit dem Kind gemeinsam weit weg. Gerichtlich kam es zu einer Umgangsvereinbarung, in der auch die Übergabemodalitäten festgelegt worden waren. Dabei trug den Vater zwar den größten Aufwand, aber auch die Mutter musste für die Rückgabe des Kindes zu einem entfernten Bahnhof fahren. Hiergegen wandte sich diese. Das Gericht allerdings hielt an der Entscheidung fest und führte aus, dass es unter den besonderen Umständen des Falles angezeigt erscheine, dass sich auch die Kindesmutter als betreuender Elternteil an dem zeitlichen und organisatorischen Mehraufwand beteilige, der dadurch entsteht, dass eine erhebliche räumliche Distanz zwischen den Eltern geschaffen wurde. Bei der getroffenen Regelung trage der Kindesvater bereits die Hauptlast (den größeren Zeit- und Kostenaufwand), obwohl er sich in einer finanziell schwierigen Lage befindet, in der ihm der Umgang nur unter erheblichen Einschränkungen möglich ist. Für die Kindesmutter hingegen sei ersichtlich möglich, eine Übernahme der mit dem Umgang verbundenen Fahrtkosten durch das Jobcenter zu erreichen. So entstehe für sie nur ein zeitlicher und kein nennenswerter finanzieller Mehraufwand.

6) Fazit

Im Grundsatz halten die Gerichte daran fest, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil die Umgangskosten zu tragen hat. Lediglich in Einzelfällen finden die Mehrkosten auf verschiedene Weisen Berücksichtigung. Die dahinterstehenden Wertungsaspekte bieten aber eine gute Grundlage dafür, sich jeden Fall genau anzugucken und einen möglichen Anwendungsbereich der Ausnahmefälle festzustellen. Vereinbaren Sie daher gerne einen Beratungstermin, um Ihren Fall zu besprechen!