Im vorliegenden Fall begehrte die Klägerin von der beklagten Krankenkasse die Erstattung der Kosten einer Kinderwunschbehandlung mittels einer künstlichen Befruchtung. Da die Klägerin in einer gleichgeschlechtlichen Ehe lebt und an einer Fertilitätsstörung leidet, stellte sich 2018 bei der beklagten Krankenkasse Anträge auf Kostenübernahme für Arzneimittel und Behandlungsversuche der Insemination und In-vitro-Fertilisation sowie auf Übernahme von Laborleistungskosten im Rahmen der Kinderwunschbehandlung. Diese sowie die folgenden Überprüfungsanträge lehnte die Beklagte ab.

Keine künstliche Befruchtung bei gleichgeschlechtlichen Paaren zulasten der Krankenkasse

Sowohl das Sozialgericht, als auch das Landessozialgericht lehnte die auf Erstattung der Kosten der Kinderwunschbehandlung in Höhe von 8882,31 Euro nebst Prozesszinsen gerichtete Klage ab – sie erfülle nicht die Voraussetzungen einer Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V, da die Klägerin keinen Anspruch auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung gehabt habe. Hierzu müsste sie die Voraussetzungen des § 27a Abs. 1 Nr. 4 SGB V erfüllen, der jedoch nur die Verwendung von EI- und Samenzellen der Ehepartner zulasse (homologe Insemination). Bei einer gleichgeschlechtlichen Ehe bestünde hingegen die Notwendigkeit, Spendersamen zu nutzen (heterologe Insemination) – dies sei vom § 27a Abs. 1 Nr. 4 SGB V nicht gedeckt. Diese Regelung sei auch rechtmäßig und verstoße insbesondere nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG oder Art. 3 GG. Es handele sich um eine geschlechterunabhängige Privilegierung der homologen gegenüber der heterologen Insemination, die homo- und heterosexuelle Paare betreffe. Die Regelung lasse sich unter Kindeswohlgesichtspunkten rechtfertigen, da das Kind einer homologen künstlichen Befruchtung automatisch zwei zum Unterhalt verpflichtete Elternteile habe, wohingegen es bei der heterologen künstlichen Befruchtung einen nicht erzwingbaren Akt der Annahme des Kindes durch den nicht austragenden Ehepartner bedürfe. Auch der Schutz von Ehe und Familie werde durch § 27a Abs. 1 Nr. 4 SGB V nicht berührt, da sich aus Art. 6 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip keine Verpflichtung des Gesetzgebers ergäbe, eine Kinderwunschbehandlung anzubieten. Zudem unterläge die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung einer weitreichenden Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers.

Die Klägerin blieb mit ihrem Klagebegehren also erfolglos.

Bundessozialgericht, Entscheidung vom 10.11.2021 – B 1 KR 7/21 R

Mit freundlichen Grüßen

RA Jens Christian Göke, LL.M.