Beteiligte in diesem Verfahren waren eine deutsche Staatsangehörige und ein kanadischer Staatsangehöriger. Diese schlossen vor dem Standesamt einer Stadt in der kanadischen Provinz die Ehe, aus der später zwei gemeinsame Kinder hervorgingen. Die Antragsgegnerin kehrte nach der Trennung am 01.11.2018 nach Deutschland zurück und brachte ein weiteres Kind zur Welt, für das eine Erklärung nach § 1599 Abs. 2 BGB über das Nichtbestehen der Vaterschaft des Antragstellers vorliegt.
Der Antragsteller behauptete, er habe vor dem zuständigen kanadischen Gericht im November 2019 die Ehescheidung beantragt. Dabei sei die Zustellung des Scheidungsantrags an die Antragsgegnerin mit Genehmigung des zuständigen kanadischen Gerichts über seine kanadische Bevollmächtigte am 25.11.2019 über „WhatsApp“ erfolgt. Die Scheidung wurde vom kanadischen Gericht ausgesprochen. Die Entscheidung sei seit dem 28.08.2020 rechtskräftig.
Die Antragsgegnerin hingegen leitete am 27.12.2019 ihrerseits ein Scheidungsverfahren beim zuständigen Amtsgericht in Deutschland ein. Mit Antrag vom 16.06.2021 beantragte der Antragsteller schließlich bei dem Präsidenten des OLG Frankfurt am Main die Anerkennung des Scheidungsurteils des kanadischen Gerichts.
Das Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen stellte der Präsident schließlich fest.
Gegen diese Entscheidung wandte sich die Antragsgegnerin mittels eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung. Begründet wurde dieser damit, dass sie über die absprachewidrig erfolgte Einleitung des Scheidungsverfahrens in Kanada arglistig getäuscht worden sei. Weiter liege ein Anerkenntnishindernis im Sinne des § 109 FamFG vor, weil ihr ein Scheidungsantrag in deutscher Sprache nicht bekanntgegeben worden sei.
An letzterem scheiterte schließlich die Anerkennung der kanadischen Entscheidung: das verfahrenseinleitende Dokument – der Scheidungsantrag des Antragstellers – sei der Antragsgegnerin nicht ordnungsgemäß mitgeteilt worden. Zwar habe sie über die WhatsApp-Nachricht Kenntnis von der Einleitung des Verfahrens und den verfahrenseinleitenden Schriftstücken erlangt, da sie auf die Unterlagen mit „Hello, So I have to sign it?“ antwortete. Dies jedoch beantworte nicht allein die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung. Diese richtet sich vielmehr grundsätzlich nach den Vorgaben des im Verhältnis zwischen Deutschland und Kanada anwendbaren Haager Übereinkommens über die Zustellung von Schriftstücken im Ausland (HZÜ), konkret nach Art. 5 ff.. Allerdings müsse beachtet werden, dass Deutschland bei Ratifizierung des Vertrags von seinem ihm eingeräumten Widerspruchsrecht (Art. 10 HZÜ) Gebrauch gemacht hatte. Die HZÜ gelange mithin bei Auslandszustellungen nicht zur Anwendung. Für die Bejahung der Anerkennungsfähigkeit des kanadischen Scheidungsurteils reiche nicht aus, dass der Antragsgegnerin trotz der nicht ordnungsgemäß – aber doch rechtzeitig – erfolgten Mitteilung der Antragsschrift eine Rechtswahrnehmung in Kanada noch möglich gewesen wäre. Die Anerkennung erfordere zwingend auch die ordnungsgemäße Zustellung und nicht nur die rechtzeitige. Insofern sei maßgeblich, dass der Wortlaut des § 328 Abs. Nr. 2 ZPO in Kenntnis der Rechtsprechung des EuGHs und BGH, die für die Anerkennung ausländischer Entscheidung beide eine sowohl rechtzeitige als auch ordnungsgemäße Zustellung der Klageschrift voraussetzen, in § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG übernommen wurde. Damit werde ausdrücklich am Kriterium der Ordnungsgemäßheit, das hier nicht vorlag, festgehalten. Weiter sei die Anerkennungsfähigkeit des kanadischen Scheidungsurteils auch nicht deshalb festzustellen, weil sich die Antragsgegnerin zur Hauptsache geäußert hätte, § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG. Nach der ersten Rückfrage reagierte die Antragsgegnerin nämlich mit der Aussage „No Its done! I dont sign the candien divorce! First you lawyer send with what’s app not legal also I didn’t got a letter from court and also you said nothing went to court For me it’s done [Fehler im Original]. Darin läge ausschließlich eine Äußerung zu Verfahrensfragen, nicht indes zum Antrag selbst.
Es erfolgte also keine Anerkennung des kanadischen Scheidungsurteils in Deutschland.
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 22.11.2021 – 28 VA 1/21
Mit freundlichen Grüßen
RA Jens Christian Göke, LL.M.