Besteht selbst bei Kontaktabbruch die Pflicht der Kinder für die Heimkosten ihrer Eltern aufzukommen?
Folgender Sachverhalt liegt der Ausgangsfrage zugrunde:
Die Stadt Bremen verlangt rund 9.000 Euro von einem mittlerweile selbst pensionierten Beamten für die angefallenen Heimkosten seines verstorbenen Vaters. Die Scheidung der Eltern erfolgte im Jahr 1971, danach bestand abgesehen von ein paar Postkarten kein Kontakt mehr zwischen Vater und Sohn. Auch in seinem Testament hielt der Vater, welcher mit 85 Jahren ins Heim gekommen ist, fest, dass seinem Sohn nur der Pflichtteil vermacht werden solle. Den Rest erbte eine Bekannte von ihm. Der Sohn sieht in dem Verhalten des Vaters eine „ schwere Verfehlung“, was nach § 1611 Abs. 1 BGB dazu führen würde, dass die Unterhaltspflicht des Sohnes ausgeschlossen wird. Die Stadt Bremen hätte also keinen Anspruch auf die 9.000 Euro.
Das Amtsgericht Delmenhorst stellte sich auf die Seite der Stadt und konnte in dem Verhalten des Vaters keine „ schwere Verfehlung“ erblicken, die zum Ausschluss der Unterhaltspflicht führen würde (AG Delmenhorst Beschluss vom 27. März 2012 – 22 F 125/11 UK). Dieser wendete sich daraufhin an das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG Oldenburg Beschluss vom 25. Oktober 2012 – 14 UF 80/1), welches ihm Recht gab. Daraufhin wurde der BGH angerufen.
Dieser sieht sich auf Seiten des Beklagten mit dem Kontaktabbruch und der Enterbung konfrontiert. Von Seiten der Klägerin werden dagegen die Unterhaltszahlung während der Ausbildung, die Postkarten sowie die allgemeine Situation in den 1970er Jahren angeführt. In dieser war es, laut Klägerin, schwierig für Väter nach der Scheidung noch Kontakt zu ihren Kindern zu haben, z.B. weil es die Möglichkeit des gemeinsamen Sorgerechts nicht gab. Ein weiterer interessanter Punkt könnte sein, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Trennung und des von ihm vorgeworfenen Kontaktabbruches nach damals geltendem Recht noch nicht einmal volljährig war.
Nach Feststellung des Vorsitzenden Richters Hans-Joachim Dose hat der Vater die Beziehung zum Sohn «gemieden» und «Desinteresse» gezeigt. «Er hat die familiären Bande geleugnet.» Allerdings ist allein daraus noch kein Rückschluss zu ziehen, ob dieses dafür ausreicht, dass die Unterhaltspflicht entfällt.
Es ist nicht das erste Mal, dass der BGH über den Unterhaltsverlust von Eltern entscheiden muss. In einem Fall musste der Sohn für die Mutter zahlen, obwohl Sie sich nicht um den Jungen gekümmert hatte, dies jedoch aufgrund einer psychischen Erkrankung (BGH Urteil 15. September 2010 Az. XII ZR 148/09). Bei einer Konstellation im Jahre 2004, in der eine Rentnerin ihre Tochter im Alter von einem Jahr bei den Großeltern zurückgelassen hat, bestätigte der BGH, dass es sich hierbei um „ einen groben Mangel an elterlicher Verantwortung“ handeln würde. Dementsprechend entfiel der Anspruch auf Unterhalt und die Rentnerin wurde auf die Sozialhilfe verwiesen ( BGH Urteil 19. Mai 2004, Az. XII ZR 304/02).
Das Urteil des BGH wird am 12. Februar 2014 erwartet.
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