Zu der Thematik des Umgangsrechts von Großeltern hatte ich bereits einen Artikel veröffentlich. Nun bin ich bei meinen Recherchen auf eine weitere interessante Entscheidung des OLG Brandenburg gestoßen, die ich gerne vorstellen möchte. (2. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 22.05.2017, 10 F 71/17)

Hier beantragte die Großmutter Verfahrenskostenhilfe, um einen Antrag auf Umgang mit ihren drei Enkelkindern gerichtlich durchzusetzen. Das OLG führte in seiner Entscheidungsbegründung aus, dass in der Regel ein Umgangsrecht der Großeltern nicht dem Wohl der Kinder dienlich ist, wenn das Verhältnis der Erwachsenen untereinander so zerrüttet ist, dass die Kinder durch ein Umgangsrecht der Großeltern in einen Loyalitätskonflikt zu ihren Eltern gedrängt werden. Jedoch stellte es klar, dass das Familiengericht im Rahmen der Amtsermittlung verpflichtet ist, das Ausmaß der Spannungen unter den Erwachsenen intensiv zu ermitteln. Nur so kann es feststellen, ob der Konflikt unter den Erwachsenen einem Umgangsrecht entgegensteht.  Insofern ist den jeweiligen Beteiligten in solch einem Verfahren grundsätzlich zu raten, die Hintergründe eines Erwachsenenkonfliktes sachgerecht vorzutragen, damit das Familiengericht sich ein umfassendes Bild von den Verhältnissen machen kann, um letztlich darüber entscheiden zu können, ob das Ausmaß der Spannungen der Anordnung eines Umgangsrechts der Großeltern tatsächlich entgegensteht.  Pauschalitäten verbieten sich, maßgeblich ist der Einzelfall. Aus diesem Grund ist es auch nach meiner Erfahrung ratsam, auf die Bestellung eines Verfahrensbeistandes zu drängen, der in seiner Position als „Anwalt des Kindes“ befugt ist, die Interessen der Kinder in dem gerichtlichen Verfahren zu vertreten und für alle Beteiligte sichtbar zu machen. Das OLG betonte in diesem Zusammenhang auch die Bedeutung der Anhörung der Beteiligten, hier der Großmutter und der alleinsorgeberechtigten Kindsmutter,  als eine wichtige Erkenntnisquelle im Rahmen der Amtsermittlung. Hier gab das OLG folgende Anregungen, wie das Familiengericht die Ermittlungen zu führen hat:

„Im weiteren Verfahren werden auch die Bindungen der Kinder zur Großmutter festzustellen sein, ebenso wie etwaige Wünsche der Kinder in Bezug auf Kontakte zur Großmutter. Auch wird der zwischen den Beteiligten streitigen Frage nachzugehen sein, inwieweit die Väter der Kinder einen Umgang mit der Großmutter befürworten. Denn eine etwaige Zustimmung der Väter zum Umgang der Kinder mit der Großmutter könnte ein Indiz dafür darstellen, dass der Umgang dem Wohl der Kinder dient.“

Insofern ist sowohl der Wille der Kinder, als auch die Haltung anderer Bezugspersonen wichtige Kriterien bei der Feststellung, was dem Wohl der Kinder dienen könnte.

Das OLG befasste sich in dieser Entscheidung aber auch mit der Frage, ob der Lebensgefährte, der nun mal nicht der Großvater der Enkelkinder ist, ebenfalls ein eigenes Umgangsrecht mit den Kindern haben darf. Der Lebensgefährte hat hier andere Voraussetzungen zu erfüllen, als die Großmutter, die aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehung bereits die gesetzliche Möglichkeit hat, ein Umgangsrecht zu beantragen. Der Lebensgefährte ist jedoch nicht mit den Kindern verwandt. Er kann nur dann ein Umgangsrecht haben, wenn er tatsächlich für das Kind Verantwortung übernommen hat und so eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind aufbauen konnte. Ob aber lediglich Wochenendkontakte ausreichen, eine entsprechende sozial-familiäre Beziehung  annehmen zu können, ist noch nicht abschließend unter den Gerichten geklärt. In der Begründung hieß es deshalb:

“ Die Frage, ob für eine sozial-familiäre Beziehung im Sinne von § 1685 Abs. 2 Satz 2 BGB Wochenendkontakte ausreichen können, ist nicht abschließend geklärt (vgl. nur Senat, Beschluss vom 5.6.2014, a.a.O., unter Bezugnahme auf OLG Hamm, Beschluss vom 9.11.2010 – 2 WF 201/10, BeckRS 2011, 00015 einerseits sowie OLG Koblenz, Beschluss vom 17.9.2008 – 7 UF 287/08, BeckRS 2009, 21103 andererseits). Diese Rechtsfrage darf daher im Verfahren der Verfahrenskostenhilfe nicht zulasten des Antragstellers beantwortet werden (vgl. BVerfG, FamRZ 2002, 665; BGH, FamRZ 2003, 671; Zöller/Geimer, a.a.O., § 114 Rn. 21).

Schaut man sich die Entscheidungen an, so erkennt man aus dem zitierten Beschluss des OLG Brandenburg vom 05.06.2014, dass sich der Senat eher schwer damit tut, Wochenendkontakte als ausreichend anzuerkennen. Es verschließt sich aber nicht einer Einzelfallprüfung, ob der Lebensgefährte auch außerhalb einer Wohngemeinschaft eine sozial-familiäre Beziehung zu den Kindern aufgebaut haben könnte, es lehnt jedoch eine grundsätzliche Annahme einer solchen Beziehung trotz Wochenendkontakte ab. Da das OLG  im vorliegenden Fall Verfahrenskostenhilfe auch für den Lebensgefährten bewilligt hat, so kann sich dieser über die Möglichkeit freuen, sich leisten zu können, diese Frage vor dem Familiengericht umfassend klären zu lassen. Die endgültige Entscheidung bleibt abzuwarten.

Gerne empfehle ich Ihnen auch meinen Artikel über die BGH-Entscheidung vom 12.07.2017 zum Umgangsrecht der Großeltern. Einzelheiten finden Sie hier.

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Mit freundlichen Grüßen

RA Jens Christian Göke, LL.M

Berlin, Oktober 2017