Auch wenn nur ein Ehegatte den Mietvertrag mit dem Vermieter für die Ehewohnung unterschrieben hat, so hat der andere Ehegatte ein Nutzungsrecht an der gemeinschaftlich bewohnten Ehewohnung. Kommt es zur Trennung und die Eheleute können sich nicht darauf einigen, wer von ihnen ausziehen soll, stellt sich häufig die frage, ob ein gerichtlicher Beschluss den erhofften Auszug des anderen Ehepartner erzwingen kann. Das Familienrecht bietet den Eheleuten die Möglichkeit, einen Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung zu stellen. Die Folgen im Fall eines gerichtlich angeordneten Auszuges sind für den betroffenen Ehegatten nach der Trennung enorm, da ihm im Zweifel Obdachlosigkeit droht, wenn der Mietmarkt am Wohnort angespannt ist oder er/sie verschuldet und in der Schufa eingetragen ist. Aus diesem Grunde sind die Anforderungen an einen erfolgreichen Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung besonders streng. Kürzlich hatte sich das OLG Bamberg mit der Frage der Zuweisung der Ehewohnung bei Getrenntleben beschäftigen müssen. So legte es folgenden Maßstab fest:

„Aus den in der gesetzlichen Regelung hervorgehobenen Tatbeständen, die eine unbillige Härte begründen können – die Anwendung von Gewalt und die Beeinträchtigung des Kindeswohls – ist zu folgern, dass eine Wohnungszuweisung besondere Umstände voraussetzt, die über bloße Unannehmlichkeiten oder Belästigungen, wie sie oft in der Auflösungsphase einer Ehe auftreten, hinausgehen und unter Berücksichtigung der Interessen des anderen Ehegatten dessen Verbleiben in der Wohnung für den Ehegatten zu einer unerträglichen Belastung machen.“

OLG Bamberg Beschl. v. 1.4.2022 – 2 UF 11/22, BeckRS 2022, 7857

Das Bedürfnis, nicht nur eine emotionale Distanz, sondern auch eine räumliche Distanz zu dem anderen Ehegatten zu erreichen, wird daher von der Rechtsprechung nur anerkannt, wenn Gewalt im Spiel ist, Kinder massiv von dem Trennungsstreit betroffen sind und die Streitigkeiten weit über das übliche Maß einer Trennung hinausgehen. Die alltäglichen Konflikte und Spannungen einer Trennung reichen hierzu jedoch nicht aus. Häufig bestimmt die Angst des einzelnen, Nachteile im Rahmen der Kinderbetreuung oder des Unterhalts oder bei der Vermögensauseinandersetzung durch den Auszug zu erleiden, das Motiv, trotz Konflikte die Wohnung nicht zu verlassen. Hier hilft eine Rechtsberatung, die die Folgen verschiedener Handlungsalternativen aufzeigen kann, um dann letztlich eine gut informierte Entscheidung treffen zu können.