Die elterliche Auseinandersetzung über die Auswahl der Schule beschäftigt nicht selten deutsche Familiengerichte. In diesem Zusammenhang möchte ich auf einen Artikel von Herrn Richter aD Herrn Wolfgang Keuter in der ZFam 2022, 285 hinweisen, der folgende Entscheidungskriterien bei der Auseinandersetzung über die Schulwahl zusammengestellt hat:

Recht der Regenbogenfamilie

„Im Einzelnen können zur Thematik Schule im Wesentlichen folgende Kriterien, die teilweise ineinander übergehen, Bedeutung gewinnen:

1. Schulischer Bereich

  • Schulform (z. B. Förderschule, Realschule, Gymnasium, Gesamtschule, Inklusion, Privat- oder Regelschule)

  • Schulkonzept(z. B. pädagogische Ausrichtung, Kostenfreiheit, Bekenntnisschule; Ganztagsangebot, fachliche Ausrichtung, z. B. Schwerpunktfächer; Klassenverband oder Flex-Klassen)

  • Schulausstattung (z. B. Medien, Sportstätten und Bibliotheken, Schulgröße

  • räumlicher Zustand (Bauzustand, eigenes Schulgelände,Pausenhofgröße)

2. Kindbezogene Kriterien

  • Wünsche / Wille

  • Bindungen

  • Bisheriger Leistungsstand, Fähigkeiten und Fertigkeiten

  • allgemeine Entwicklung

  • Geschwister

  • Spezieller Förderbedarf

3. Elternbezogene Kriterien

  • Erziehungseignung und -fähigkeit, insbes. Kompetenz bzgl. Schulauswahl, Alltagsnähe

  • Betreuungsmöglichkeiten

  • Fördermöglichkeit

  • Kontinuität

  • Auswirkungen der Schulwahl auf Betreuungssituation und Umgang

4. Soziales Umfeld

  • Schulweg (Wohnortnähe, Dauer, Belastung)

  • Soziale Kontakte (Freunde als Mitschüler)

Die Gewichtung der vorgenannten Einzelkriterien ist jeweils Einzelfallfrage.“

In diesem Zusammenhang kann auch auf die Entscheidung OLG Brandenburg Beschluss vom 9.2.202213 UF 156/21  hingewiesen werden. Das Gericht sah bei einem bestehenden Wechselmodell den kurzen Schulweg, die sozialen Kontakte aus der Kita, sowie den Willen des Jungen als entscheidungserheblich an. Die Folge, dass  mit der Entscheidung des OLG das Kind eine andere Schule als seine ältere Schwester besucht und nach Auffassung des Vaters dadurch eine Geschwistertrennung droht, sah das OLG als untergeordnet an. Gleichwohl erkannte das Gericht die Problematik, stellte jedoch klar, dass dies eine Frage des gewöhnlichen Aufenthalts des Jungen sei. Die Auswirkungen auf das Wohl des Kindes müssten somit im Rahmen eines Gerichtsverfahrens über den Lebensmittelpunkt des Kindes geklärt werden. Diese Entscheidung  zeigt ein Problem auf, nämlich dass häufig im Gewand der Schulwahl ein anderes Thema unter den Eltern bei einem praktizierten Wechselmodell verhandelt wird, nämlich der Aufenthalt der Kinder. Die Schulwahl hat häufig direkte Auswirkungen auf das Betreuungsmodell, so dass der Wunsch eines Elternteils, das bestehende  Wechselmodell zu seinen Gunsten zu ändern,  durch die „Hintertür“  mit der Auswahl der Schule geregelt werden soll, in dem eine Schule in Wohnortnähe bevorzugt wird.  Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass vordergründig der Aufenthalt des Kindes zu klären ist, sollte geprüft werden, ob nicht neben dem Verfahren über die Schulwahl nicht gleichzeitig auch ein Verfahren zur Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts eröffnet werden soll, um eben eine umfassende Prüfung zu ermöglichen, die auch die betreuungsspezifischen Folgen, wie Geschwistertrennung verstärkt in den Blick nehmen.

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RA Jens Christian Göke, LL.M. – Anwalt in Berlin-Schöneberg